Luisa neubauer bernd ulrich
Die Ökologie steht nun endlich im Zentrum aller Zukunftsfragen: Wirtschaft, Verkehr, Ernährung, aber auch Wissenschaft, Journalismus und Politik – elementare Bereiche der Gesellschaft müssen neu gedacht werden. Denn nur wenn wir jetzt zusammenkommen und die richtigen Entscheidungen treffen, haben wir auch in Zukunft noch eine Wahl.
Noch haben wir die Wahl: Ein Gespräch über Freiheit, Ökologie und den Konflikt der Generationen

Denn nur wenn wir jetzt zusammenkommen und die richtigen Entscheidungen treffen, haben wir auch in Zukunft noch eine Wahl. Und es hängt viel davon ab, ob wir gemeinsame Lösungen finden. Wir müssen dringend miteinander reden. Große Umbrüche stehen bevor.

Eine Welt, in der wir uns klar machen, dass technische Innovation allein uns nicht retten wird, in der wir erkennen, dass die Politiker*innen unserer Hilfe bedürfen und es nicht ‚schon irgendwie in den Griff‘ bekommen werden.
Statt mit dem ewigen „Wir müssen etwas tun“ zu argumentieren, nennt Neubauer die Aufgaben, die die zukünftige Regierung ihrer Meinung nach zu lösen hat, um das 1,5-Grad-Ziel noch zu erreichen, auch gleich mit: nämlich den
massiven Ausbau erneuerbarer Energien, landesweite Schienennetze, die Grundsanierung des Gesundheitssystems, ein landwirtschaftliches Förderprogramm hin zu einer echten Agrarwende, eine Allianz für saubere und leise Städte, mit einer gewissen Rigorosität, Geschwindigkeit und dem Fokus auf die Schaffung neuer, nachhaltiger Arbeitsplätze.
Besondere Aufmerksamkeit verdienen jedoch vor allem Ulrichs und Neubauers Überlegungen hinsichtlich des alten und verengten Freiheitsbegriffs.
Die Ökologie steht nun endlich im Zentrum aller Zukunftsfragen: Wirtschaft, Verkehr, Ernährung, aber auch Wissenschaft, Journalismus und Politik – elementare Bereiche der Gesellschaft müssen neu gedacht werden. ;)
An und für sich ein solides Buch.

Ein überfälliges Klärungsgespräch zwischen zwei Generationen und die Analyse einer Welt, in der Ökologie nicht bloß ein Thema unter vielen ist, sondern Ausgangspunkt von allem.
Noch haben wir die Wahl: Ein Gespräch über Freiheit, Ökologie und den Konflikt der Generationen
Deine Normalität ist meine Krise - Wir müssen reden!
Sie umfasse keineswegs das Recht auf das tägliche Stück Fleisch auf dem Teller, den Flitzer in der Garage oder den 30-Euro-Flug nach Mallorca. Für jene, die sich über Jahre hinweg mit dem Thema beschäftig haben, vermittelt es zwar nicht unbedingt viel Neues. Wie kann es gelingen, Jung und Alt, Mann und Frau, Stadt und Land nicht gegeneinander auszuspielen, sondern zusammenzudenken?
Ein Gespräch über Freiheit, Ökologie und den Konflikt der Generationen“, wie eine 1,5 Grad-Politik noch möglich ist
Von Laura Harff
Besprochene Bücher / LiteraturhinweiseNach knapp drei Jahren Klimastreiks, in denen Bewegungen wie Fridays For Future (FFF) und Extinction Rebellion laut geworden sind, mit einem boomenden Markt aus angeblich nachhaltigen Produkten, einer wachsenden Veganismus-Bewegung und dem allgemeinen ‚klimabewussten Kopfnicken‘ eines Großteils der deutschen Politiker*innen (ohne dass echte Taten folgten), sind die Eckdaten zur größten Katastrophe der Menschheit wohl den allermeisten bekannt: Die Klimakrise ist menschengemacht.
Gibt es Freiheit ohne Nachhaltigkeit? Es gibt einiges zu klären. Wieviel Ehrlichkeit verträgt der Konflikt zwischen den Generationen? Wie absurd es ist, dass unsere heutige Welt auch nach mehreren Jahrhunderten noch immer patriarchal und kolonial geprägt ist und dass der globale Norden und Westen (beziehungsweise plakativ formuliert „der weiße Mann“) sich nach wie vor als Herr über die Natur sieht sowie marginalisierten Gruppen überlegen.
„Man verwechselt Freiheit mit Gewohnheit, Gewohnheit mit Anspruch, Anspruch mit Recht“, heißt es da. Und es hängt viel davon ab, ob wir gemeinsame Lösungen finden.
Grundlegende Beziehungen sind aus dem Gleichgewicht geraten. Für Utopien könnte es ein zweites Buch geben. Einige Ökosysteme und Arten sind schon jetzt unwiederbringlich verloren.
Wie diese strukturellen Veränderungen aussehen können, davon – aber nicht nur davon – handelt das neue Buch der deutschen Klimaaktivistin Luisa Neubauer, das sie gemeinsam mit dem Journalisten Bernd Ulrich, stellvertretender Chefredakteur der ZEIT, verfasst hat.
Aufgebaut als Gespräch in Dialogform verknüpft das Buch aktuelle politische Themen wie die Corona-Pandemie, die anstehende Bundestagswahl und das Ende der Ära Merkel mit Überlegungen zur menschlichen Natur, Geschichte und Psyche und der alles entscheidenden Frage: „Hat die Menschheit das Vermögen, im Einklang mit der Erde zu leben?“
Hierin zeigt sich schnell, dass Bernd Ulrich trotz seiner 60 Jahre kein typischer Vertreter der sogenannten „Boomer“ ist.
Die Klimakrise, liebe Leser*innen, ist eine systemische Krise, der intersektional begegnet werden muss.
Dabei ist es in Ordnung, von Zeit zu Zeit den Kopf in den Sand zu stecken und um jene Ökosysteme und Arten zu trauern, die bereits verloren sind. Danach quatschten sie über ihren Weg in der Klima- und Umweltschutz Szene, mit netten Anekdoten über Treffen mit Greta, Merkel, usw.
Danach folgen Themen wie: Rolle der Medien, Freiheitsbegriff, Bundestagswahl und Einhaltung des 1,5 Grad-Ziels, grüne Demokratie und vermeintliche Radikalisierung.
Hier will niemand den jeweils anderen von der eigenen Meinung überzeugen, auch wenn Neubauer und Ulrich in Sachen Medien, Schuld der Boomer und Selbstgefälligkeit der Generation Z nicht immer die gleiche Ansicht teilen.
So wünscht die 25-jährige Klimaaktivistin sich, die Klimakrise hätte schon viel früher mehr Aufmerksamkeit durch die Vertreter*innen der Medien bekommen, während Ulrich auf die Schuldzuweisungen der Generation Z folgendes kontert: „Manchmal wäre es allerdings auch schön, man würde nicht ständig das Gefühl vermittelt bekommen, ihr wärt moralischere Menschen, nur weil ihr noch nicht so viel Zeit wie wir hattet zu sündigen.“
Grundsätzlich wollen jedoch beide dasselbe: eine (klima)gerechtere Welt.
Der globale Norden und Westen habe die vergangenen 70 Jahre als Lebensrecht zu akzeptieren gelernt, nicht als „Ausnahmezustand“ oder „demokratisch-westlich fossile[n] Honeymoon“ – wie Neubauer es ausdrückt. Aktivistin und Vize-Chefredakteur, Studentin und Familienvater: Spannend, offen und klug diskutieren Luisa Neubauer und Bernd Ulrich die Schicksalsfragen unserer Tage.
Die Abgrenzung zwischen Mensch und Natur war genau genommen die Abgrenzung des weißen Mannes von allem und allen anderen, jenen, die in seinem Verständnis mit der Natur verschmolzen,
sagt Ulrich in diesem Zusammenhang. Wie kann es gelingen, Jung und Alt, Mann und Frau, Stadt und Land nicht gegeneinander auszuspielen, sondern zusammenzudenken?
Mit der Bundestagswahl endet nach 16 Jahren die Ära Merkel, und in einer historischen Entscheidung stärkt das Bundesverfassungsgericht die Freiheitsrechte der jüngeren Generation. Wir müssen dringend miteinander reden. Aktivistin und Vize-Chefredakteur, Studentin und Familienvater, Millennial und Boomer – Luisa Neubauer und Bernd Ulrich haben je eine andere Sicht auf die Klimakrise, das Artensterben, den erstarkenden Populismus und die Freiheit der Späterlebenden.
Und um ehrlich zu sein: das brauche ich!
Typografie: Da alles in einer Schriftart geschrieben ist, kam ich oft durcheinander wer von den beiden das gerade nochmal gesagt hat, vor allem wenn die Absätze lang waren.

FFF wiederum kämpfe nicht für Konsumfreiheit, sondern für „ultimative Freiheit“ dieser und zukünftiger Generationen in allen Teilen der Welt.
Vor diesem Hintergrund ist es nur eine Frage der Zeit, bevor die beiden darauf zu sprechen kommen, wer die Kosten für unser angebliches Recht auf Konsumfreiheit trägt.
Man kann den Beginn der Klimakrise auf den Beginn des neuzeitlichen sogenannten Sklavenhandels zurückdatieren.
Denn noch haben wir die Wahl.